Es gibt Menschen, denen müsste man ein Denkmal setzen, zu denen gehört der ehemalige Leiter der Hauptverwaltung im Rathaus Burgau, Herr Xaver Schieferle.
 
Geburtsurkunde
 
Er wurde als Sohn des Schafhalters Johann Schieferle und seiner Frau Klara, am 23. April 1926 in Burgau geboren. Sein Vater und später auch sein Bruder Josef waren Schäfer in Burgau und alle kannten sie.
 
Xaver Schieferle mit drei von seinen Geschwistern
v.l.n.r. Josef, Xaver, Klara und Erwin
 
Xaver Schieferle hatte sechs Geschwister, von denen Erwin Schieferle noch lebt. Auch er ist vielen Burgauern bekannt, denn er arbeitete auf der damaligen Volksbank Burgau und war auch zuständig in der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Burgau und Umgebung eG.
 
Da Xaver Schieferle schon als Kind ein Problem mit seinem rechten Auge hatte, musste es bereits in seiner Kindheit entfernt werden. Damit war für die Familie klar, Xaver erlernt einen kaufmännischen Beruf und dies tat er dann auch. Er war von 1940 bis 1943 in kaufmännischer Lehre bei der Maschinenfabrik und Eisenwerk Günzburg, Karl Mengele in Günzburg.
 
             
Kurz nach Beendigung seiner Lehre wurde er als Funker nach Mühlhausen in Niederbayern eingezogen. Aufgrund seines Augenmeidens wurde er an der Heimatfront eingesetzt.
Am 10.07.1945 entließ man ihn bereits aus dem amerikanischen Lager in Neu-Ulm.
Nun stellte sich die Frage, was mache ich und wo werde ich als kaufmännischer Angestellter benötigt?
 
Die Bundesrepublik war noch nicht gegründet aber die kommunale Verwaltung wurde von den Alliierten, im Falle Bayerns waren es die US-Amerikaner, wieder in die Hände der Bürger Deutschlands gelegt. 
Daraufhin bewarb sich 1946 Xaver Schieferle für die Bayerische Verwaltungsschule und schloss diese im August 1948 mit dem Zeugnis für Dienstanfänger, mit der Note sehr gut, ab. Seine Lehre im öffentlichen Dienst machte er bei der Stadt Burgau. Es sei hier bereits bemerkt, dieser Stadt blieb er bis zu seiner Pensionierung treu und diente den Bürgern der Markgrafenstadt nach bestem Wissen und Gewissen.
 
Seine vorgesetzten Bürgermeister waren Franz Mang und Alfred Seidler in seinen fast 43 Jahren kommunaler Tätigkeit.
 
Bereits hier beginnt die Tätigkeit von Xaver Schieferle als Person, die nicht nur im Amt ihre Aufgaben erfüllte, nein Herr Schieferle war auch in seiner Freizeit und als Privatperson immer hilfsbereit und unterstütze die Menschen, gerade im sozialen Bereich, unermüdlich.
Dazu gehörten nach dem Krieg die Anträge auf Lastenausgleich, Anerkennung von Kriegsjahren für den Rentenverlauf, für Witwen und ihre Kinder Unterstützung nach dem Kriegsopferhilfegesetz und später Hinterbliebenen- und Halbwaisenrente, Hilfe bei der Wohnungs- und Arbeitsuche nach dem Krieg und der Rückkehr aus der Gefangenschaft und vieles mehr.
Denn er selbst sagte einmal, dass die Hilfe für die Bevölkerung zuerst einmal mit Ende des Krieges auch beendet war.
Xaver Schieferle versuchte immer die bürokratischen Vorgaben stets zu erfüllen, aber diese auch, durch seine Mithilfe, für die Bürger*innen erträglich zu machen.
 
Er wurde dann zum Verwaltungsassistentin, dann zum Verwaltungs-Sekretär, Obersekretär, Verwaltungs-Hauptsekretär, Stadtoberinspektor, Verwaltungsamtmann und zum Verwaltungsamtsrat ernannt.
Egal welchen Beamtenstatus er hatte, er war immer loyal, hilfsbereit und stets unaufgeregt und ausgleichend. Diese Eigenschaften hob auch Alfred Seidler bei der Rede, als Xaver Schieferle 1988 in den Ruhestand ging, besonders hervor.
 
Er war 18 Jahre Personalratsvorsitzender, 12 Jahre Protokollant bei den Stadtratssitzungen und zeigte bereits 1966 bei der Auflösung der städtischen Baracken ein glückliches Händchen. Aber auch bei der Gründung des Badbauvereins 1965 war er aktiv und Mitglied in mehreren Vereinen.
 
Er half im Laufe seiner Tätigkeit bei der Stadt vielen Menschen bei der Beantragung ihrer Altersrente und verhalf ihnen zu einer gerechten Rente. Er beriet und unterstützte gerade im Bereich „Rente“ die Hilfesuchenden auch privat und in seiner Freizeit und auch Menschen aus anderen Gemeinden.
 
Aber was mich persönlich so an Herrn Schieferle faszinierte, war seine Liebe und Leidenschaft zur Geschichte Burgaus.
Als ich Kulturausschussvorsitzende im Stadtrat von 1984 bis 1990 war, unterstütze mich Herr Schieferle in hohem Maße und ließ mich an seinem großen heimatgeschichtlichen Wissen teilhaben.
Kurz bevor er in seinen wohlverdienten Ruhestand ging, nahm er an einem Seminar für die kommunale Archivierung teil.
Denn nachdem Norbert Schuster jun., bereits ein Lehrer von Xaver Schieferle, nicht mehr lebte, schloss sich Herr Schieferle der Gruppe um den damaligen ehrenamtlichen Archivar Norbert Kastner an und half die schriftlichen Archivalien der Stadt Burgau professionell zu ordnen und zu sortieren.
Diese ehrenamtliche Gruppe bestand ferner aus Karl Haugg und dem Gründungsmitglied des Hist. Vereins Burgau, Hans Riederle.
Xaver Schieferle ging dann in seinem Ruhestand dieser „Leidenschaft“ fast tagtäglich nach und ich sehe ihn heute noch in seinem blauen Arbeitsmantel  durchs Rathaus wandeln, wie ein guter Geist.
Ohne diese engagierten Bürger wären viele historischen Unterlagen verschwunden und nach den unzähligen Umzügen, gerade der ganzen Protokolle und Rechnungsbücher der Stadt, ins Nirwana abgewandert. Ein paar wenige Dokumente fielen dem Entrümpelungswahn vergangener Stadtoberhäupter bereits zum Opfer. Aber auch hier ist einmal zu erwähnen, dass heimatgeschichtlich interessierte Stadtbeschäftigte so manches Kulturgut retteten.
So bekam der Hist. Verein Burgau vor ein paar Jahren von Erben eines ehemaligen Stadtbeschäftigten die „Polizeiprotokolle“ von 1828/1829 unversehrt zurück. Weil dieser, diese unersetzlichen Papiere beiseiteschaffte und vor der Vernichtung rettete.
 
Die Sortierung und Sichtung der gesamten städtischen schriftlichen Unterlagen durch Xaver Schieferle war die Grundlage der nachfolgenden Digitalisierung und weiteren Erfassung. Auch dies muss einmal gesagt werden. Ich kannte die Archivierung der Ratsbücher und Protokolle noch vor dieser Meisterleistung von Herrn Schieferle und diese war desaströs. Nur wer das Vor- und Danach kennt, kann mitreden!
 
Herr Schieferle verfasste auch für uns heute wichtige und wunderbare Werke, die „Chronik des Magistrats- und Stadtrates der Stadt Burgau 1900 – 1980“ und die „Chronik der Gemeinde Oberknöringen 1836 – 1978“. Für mich sind dies umfängliche und wertvolle Nachschlagewerke unserer Stadtgeschichte.
In diesem Zusammenhang darf auch nicht fehlen zu sagen, dass Xaver Schieferle bei der Eingemeindung 1978 Kärrnerarbeit leistete.
 
Herr Xaver Schieferle starb am 29. April 1997 und hinterließ seine Ehefrau Betty, mit der er seit 1953 verheiratet war und seine Tochter Jutta.
 
Sein Leben bestand im wahrsten Sinne des Wortes aus „Dienen“. Seinem Dienstherrn, aber auch getreu seinem Eid als Beamter, den Bürgern*innen seiner Stadt, aber auch vielen Menschen aus anderen Gemeinden.
 
Im Übrigen war Xaver Schieferle nicht nur ein Mensch, dem man ein Denkmal setzen müsste, sie erinnern sich an meinen Anfang, sondern auch dazu ein sehr begnadeter Tänzer.
Dieser Leidenschaft ging er mit seiner Frau ganz unauffällig und gerne nach.
 
Wir vom Hist. Verein Burgau Stadt und Land e.V. würden gerne heute noch an seinem schier unendlichen Wissen über Burgau partizipieren, deshalb sagen wir, wir vermissen ihn!
 
Quellen: Aufzeichnungen aus dem Archiv des Hist. Vereins Burgau Stadt und Land e.V., Frau Jutta Schieferle
Bilder: Irmg. Gruber-Egle, Archiv Hist. Verein Burgau Stadt und Land e.V., Frau Jutta Schieferle
 
Irmgard Gruber-Egle
Historischer Verein
Burgau Stadt und Land e. V. 
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